Die Entwicklung der Ratingverfahren
Verbundeinheitliche Ratingverfahren stellen einen zentralen Baustein des Risikomanagements in der genossenschaftlichen FinanzGruppe dar und werden unter anderem durch die MaRisk gefordert. Die zentrale Zielsetzung von Ratingverfahren ist die Beurteilung der Bonität eines Kreditnehmers. Zur Messung der Bonität werden Kreditnehmern unter Berücksichtigung kundenspezifischer Informationen Ratingklassen und damit Ausfallwahrscheinlichkeiten zugewiesen.
Für die Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit stehen dem Institut im Allgemeinen mehrere Ratingverfahren zur Verfügung, die jedoch jeweils nur für eine gewisse Kundengruppe konzipiert sind. Die Auswahl des Ratingverfahrens ist daher auf die Kunden im Anwendungsbereich des jeweiligen Verfahrens beschränkt, der beispielsweise durch die Rechtsform, den Wirtschaftszweig oder das Einkommen der zugelassenen Kunden spezifiziert sein kann.
Die VR-Ratingverfahren (bis auf das VR-Rating Erneuerbare Energien) sind in den Kernbankensystemen agree21, bank21 und MBS integriert.
VR-Rating für Firmenkunden: geprägt durch hohe Trennschärfe und präzise Abbildung des Ausfallrisikos
Die zentrale Zielsetzung der VR-Ratingverfahren für Firmenkunden ist eine genaue Beurteilung der Bonität Ihres Kreditnehmers. Damit die Bonität genau gemessen werden kann, werden unter Berücksichtigung kundenspezifischer Informationen Ausfallwahrscheinlichkeiten und damit Ratingklassen zugewiesen. Die Ratings sind nicht nur zur Steuerung der Kreditprozesse und im Risikomanagement von hoher Bedeutung, sondern ebenfalls für die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsführung, gemäß §25a KWG und insbesondere gemäß BTO 1.4 der MaRisk. Um eine hohe Prognosegüte der VR-Ratingverfahren für Firmenkunden zu gewährleisten, setzt die parcIT auf verschiedene Verfahren, differenziert nach Art des Kunden bzw. Volumen des Geschäfts. Die Qualität der Ratingverfahren wird für Sie durch die jährliche Validierung geprüft und – sofern erforderlich – kontinuierlich verbessert und überarbeitet.
Das Firmenkundenschnellrating ist durch eine bankindividuelle Anwendungsgrenze gekennzeichnet, welche sich auf die Gesamtbewilligung gegenüber dem Kunden bezieht und maximal 250.000 € betragen kann. Die maximale Anwendungsgrenze wird zukünftig auf 750.000 € angehoben. Die Anwendungsgrenze kann von Ihnen individuell festgelegt werden. Liegt die aktuelle Gesamtbewilligung oberhalb der Anwendungsgrenze, kann das VR Firmenkundenschnellrating nicht für die Risikobewertung verwendet werden. Ein besonderer Vorteil dieses Verfahrens ist der geringe Zeitaufwand für die Erstellung, da keine Erfassung von Jahresabschlussdaten erforderlich ist.
Das VR-Rating Gewerbekunden/Freiberufler umfasst alle Freiberufler und alle nicht bilanzierenden Gewerbekunden ohne Umsatzbegrenzung. Bilanzierende Gewerbekunden fallen in den Anwendungsbereich des Verfahrens, falls der Umsatz kleiner oder gleich 500.000 € ist. Voraussetzung zur Ratingerstellung ist die Verfügbarkeit eines Jahresabschlusses oder einer Einnahmenüberschussrechnung (EÜR). Daneben werden die Kontoführung und ein qualitativer Fragenkatalog über eigene Module berücksichtigt.
In den Anwenderbereich des VR-Rating Mittelstand fallen gewinnorientierte, bilanzierende Firmenkunden mit einem Jahresumsatz größer 500.000 € und unter 6.000.000 €. Ausgenommen sind Freiberufler und Landwirte, für die eigene Verfahren existieren. Bei diesem Verfahren ist ein Jahresabschluss Voraussetzung für ein Rating, welcher einen quantitativen Teilscore liefert. Ergänzt wird dieser durch einen qualitativen Teilscore, der sich aus dem verfahrensspezifischen Fragenkatalog ableitet.
Das VR-Rating Oberer Mittelstand umfasst gewinnorientierte, bilanzierende Firmenkunden mit einem Jahresumsatz größer oder gleich 6.000.000 € und unter 1 Mrd. €. Sobald der Firmenkunden den Jahresumsatz von 1 Mrd. € übersteigt, ist das VR-Rating Großkunden heranzuziehen. Dies kann über den Rating Desk der DZ BANK bezogen werden. Der Aufbau in einen quantitativen und einen qualitativen Teil entspricht dem Vorgehen bei dem VR-Rating Mittelstand.
In den Anwendungsbereich des VR-Rating Agrar fallen alle landwirtschaftlichen Kunden des produzierenden Gewerbes sowie sogenannte Nebenerwerbslandwirte, wenn es sich bei diesen nicht um „Privatkunden“ im Sinne der Definition des VR-Rating Privatkunden handelt. Verarbeitungsbetriebe, also jene Unternehmen, die landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen, mit landwirtschaftlichen Waren handeln, sie bearbeiten, veredeln und folglich nicht selbst produzieren, werden nicht dem Segment Agrar zugeordnet. Bei diesem Verfahren gibt es keine Größenbegrenzung hinsichtlich des Umsatzes. Dem traditionell wichtigen Geschäftsfeld der VR-Banken wird durch ein eigenes Ratingverfahren Rechnung getragen.
Im Anwendungsbereich des VR-Rating NPO liegen Kunden, die ein Mindestmaß an formaler Organisation vorweisen, eine juristische Person des öffentlichen oder juristischen Rechts sind und die einen erzielten Gewinn nicht an Eigentümer oder Mitglieder ausschütten. Auch bei diesem Verfahren gibt es keine Umsatzbeschränkung. Die Besonderheiten des NPO-Sektors einschließlich der hohen durchschnittlichen Bonität werden durch ein eigenes Ratingverfahren berücksichtigt.
Das VR-Rating Privatkunden stellt ein Verfahren für die Bonitätsbewertung von privaten Einzelpersonen oder Gemeinschaftskunden dar. Das Verfahren liefert Ihnen eine Schätzung für die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde innerhalb der folgenden zwölf Monate seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann. Die verwendete Funktion berücksichtigt mittels einer integrativen Logik die kontenspezifischen Informationen des Kunden und aggregiert diese zu einer Kunden-Ausfallwahrscheinlichkeit.
Sie können das VR-Rating Privatkunden für drei verschiedene Produkttypen nutzen:
- Kontokorrentkredit,
- Konsumentendarlehen und
- Baudarlehen.
Bei Neuabschluss oder grundlegender Änderung der dem Vertrag zu Grunde liegenden Konditionen (z.B. Änderung des Limits oder Zinsprolongation) wird ein Antragsrating erstellt. Sechs Monate nach der ersten (Teil-)Valutierung wird der Kunde mit einem monatlichen Bestandsrating („Verhaltensrating“) beurteilt. Ihr Kunde wird in das Segment Privatkunden eingeteilt, wenn er mehr als 50% seiner Einkünfte aus nicht-selbständiger Tätigkeit oder, bei mehreren Einkunftsarten, den absolut höchsten Betrag aus nicht-selbstständiger Tätigkeit erzielt. Bei Gemeinschaftskunden erfolgt die Zuordnung in das Segment des wirtschaftlich dominanten Einzelkunden.
1) Bonitätsbewertung
Die Ratinganwendung agree21 VR-Rating Erneuerbare Energien (EE) bietet Ihnen die Möglichkeit, die Bonität von Projektfinanzierungen im Bereich Erneuerbare Energien zu bewerten. Zentrales Ergebnis der Bonitätsbewertung sind die Ausgabe einer Ratingklasse und die Angabe der zugehörigen Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) gemäß der VR-Masterskala. Die Bonitätsbewertung geschieht auf Basis der prognostizierten Cashflows des Projekts und eines qualitativen Scores, der auf Basis der Beantwortung von qualitativen Fragen ermittelt wird.
2) Anwendungsbereich
Das Ratingverfahren agree21 VR-Rating EE soll auf Projektfinanzierungen zu Erneuerbaren Energien aus den Bereichen PV, Windenergie (onshore) und Biogas in Deutschland angewandt werden. Eine wesentliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Ratingverfahrens ist, dass das betrachtete Projekt unter das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) fällt und somit die Abnahmepreise für die erzeugte Energie keinen wesentlichen Schwankungen unterliegen.
3) Projektfinanzierungen
Unter Projektfinanzierungen sind diejenigen Finanzierungen zu verstehen, deren Tilgungs- und Zinszahlungen vollständig aus dem Projekt geleistet werden. In der Bestimmung der Schuldendienstfähigkeit werden somit nur aus den Projekteinnahmen stammende Zahlungsströme berücksichtigt. Hier geht es vor allem darum, dass keine Zuflüsse von außen von vornherein geplant sind, es soll keine Quersubvention geben.
4) Webbasierte Anwendung
Die Ratinganwendung wird Ihnen als webbasierte Anwendung zur Verfügung gestellt. Diese bietet neben der Durchführung der Bonitätsbewertung weitere administrative Funktionalitäten wie z. B. die Zwischenspeicherung begonnener Ratings, die revisionssichere Archivierung abgeschlossener Ratings, die Suche nach Ratingvorgängen im Bestand, Exportfunktionalitäten für Reportingzwecke sowie die Übernahme der Daten bestehender Projekte für ein Re-Rating in Folgejahren.
5) Vorteile des Rating Erneuerbare Energien
Das Ratingverfahren bietet Ihnen maßgeschneiderte Eingabemöglichkeiten für die Finanzierungen von Erneuerbaren Energien Projekten (Photovoltaik, Windenergie, Biogas). Es handelt sich um ein Cash Flow orientiertes Verfahren, dass die zukünftigen Zahlungsströme nachvollziehbar darstellt und so dem Anwender zusätzlich durch die Beantwortung von qualitativen Fragen eine verständnisvolle Bonitätsbewertung ermöglicht. Die integrierten Modellparameter basieren dabei auf historischen Zeitreihen sowie nicht quantitative Risikotreiber wurden durch Experteneinschätzungen berücksichtigt. Mit jährlichen Validierungsleistungen sowie der Möglichkeit, Overrides durchzuführen, erhalten Sie ein aufsichtskonformes Ratingverfahren, das die Angemessenheit des Ratingverfahrens gewährleistet. Final erhalten Sie zusätzlich fachlichen Support der Sie bei fachlichen Problemlösungen unterstützt.
Die regelmäßige Überprüfung der Leistungsfähigkeit und der fachgerechten Anwendung der VR-Ratingverfahren ist von entscheidender Bedeutung. Die Erfüllung der zunehmend herausfordernden regulatorischen Anforderungen aus den MaRisk-Novellen ist hierbei genauso im Fokus wie die Generierung poolübergreifender sowie institutsindividueller Steuerungsimpulse für Ratingverfahren und Kreditgeschäft. Die parcIT hat als Methodengeber sowohl das fachliche Know-how als auch die nötige Erfahrung, um hohe Qualität und Detailschärfe in den Analysen zu garantieren. Die Validierungsleistungen bestehen im Wesentlichen aus den drei Komponenten Validierungsbericht, institutsindividueller Angemessenheitsnachweis und Datenqualitätsreporting. Zudem steht die parcIT zu fachlichen Fragen der Anwendung und Steuerung als Berater zur Verfügung.
Validierungsbericht
Die Überprüfung der Eignung jedes VR-Ratingverfahrens wird jährlich im Validierungsbericht wahrgenommen. Die dem Validierungsbericht zugrunde liegenden Analysen prüfen auf Institutspoolebene ausführlich die statistischen Hypothesen, auf denen das jeweilige Ratingmodell basiert, sowie die in den Ratingverfahren verwendeten Parameter und deren Anfälligkeit für Schwankungen. Darüber hinaus werden, sofern notwendig, die Parameter für die Modelle rekalibriert.
Institutsindividueller Angemessenheitsnachweis
Der Nachweis der Angemessenheit für die VR-Ratingverfahren in jedem einzelnen Institut ist wesentlicher Bestandteil der MaRisk und verpflichtet zur Überprüfung der Wirksamkeit der VR-Ratingverfahren für die institutsindividuellen Portfolios. Die parcIT stellt jedem Institut einen automatisch erzeugten individuellen Bericht zur Verfügung, der die Institute bei ihrer Pflicht unterstützt, die Angemessenheit der VR-Ratingverfahren bankindividuell nachzuweisen.